Das Puppen & Spielzeugmuseum in Rothenburg o.d. Tauber

schließt im Januar 2014 für immer seine Türen

Ein Bericht mit Fotos von Sigi Ulbrich

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Eigentlich brauche ich ja überhaupt nicht mehr weiter zu schreiben. Was gibt es da noch zu sagen? Wir haben es gewusst. Alle, die irgendwie mit Puppen und Spielzeug zu tun hatten, haben es gewusst. Und, wir haben es alle mit zugelassen! 

Frau Engels kann nicht mehr. Sie schafft es kräftemäßig nicht mehr, wer wird es ihr verübeln, sie wird im November 80 Jahre alt. 

Und, sie schafft es auch finanziell nicht mehr. Und das liebe Leserin, lieber Leser, dass ist eine ganz andere Geschichte. 

Natürlich habe ich überhaupt keine Ahnung, was in Deutschland von Deutschland wirklich gerettet werden muss, bzw. wann aus der Sicht der Deutschen wirklich etwas rettungsbedürftig ist. Da wird hier ein Regenschirm aufgespannt und dort eine „Abwrack-Prämie“ gezahlt und dieses Puppen & Spielzeug Museum, was weltweit einen großen Namen hat, geht sang- und klanglos den Berg hinunter

Da lässt man diese alte Dame allein im Regen stehen. Gibt es den keinen Schirm für allerschönste deutsche Volkskulturgüter?

Foto: Katharina Engels mit ihrer Jenny (2007) von Stefanie Ludwig

Frau Engels hat das deutsche Spielzeug in alle Welt hinaus getragen, bzw. umgedreht, aus aller Welt kamen die Besucher zum Spielzeug. 

Die Besucher sprachen alle Sprachen dieser Welt und, sie bekamen die Informationen in jeder nur möglichen Sprache:

Frau Engels hatte an alles gedacht.

   

   

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Als wir uns im Herbst 1988 zum ersten Mal persönlich trafen, war Frau Engels gerade dabei Puppenschätze für eine Ausstellung in Japan zusammen zu stellen und zu verpacken. 

Ich hatte den Eindruck, sie wäre am liebsten selbst mit in die Kiste gestiegen, um aufzupassen, dass auch ja nichts kaputt geht. 

Ihr großes Arbeitszimmer, es fungiert als Büro, Bibliothek, Konferenzraum, Nähstube, Werkstatt und als Packstation, war über und über voll mit Stroh. Sie vertraute nur Stroh als Dämmmaterial. Styroporkugeln kamen bei ihr nicht in die Kisten.

Ich war damals zu einem Interview zu ihr gereist. Wir hatten vorher schon einige Male geschrieben, gemailt und telefoniert. 

Das Puppen & Spielzeugmuseum in Rothenburg o.d. Tauber war eins der ersten Museen in Deutschland, das eine eigene Internet-Präsenz hatte. Frau Engels - auch damals ja nicht gerade ein junges Mädchen mehr - war den neuen Medien gegenüber sehr aufgeschlossen und zeigte großes Interesse an den Möglichkeiten und Plänen der www.tortula.de, Tortula und ihre kleine Puppenkommode, das virtuelle Puppenmagazin mit monatlichem upDate.

Was mich - als Bärbel-Mutter - damals für sie einnahm, war einfach die Tatsache, dass sie ausgerechnet eine Schildkröt-Bärbel als Beispiel für Celluloidpuppen ausgewählt hatte. Übrigens, Bärbel steht noch heute bei Frau Engels in ihrer Internetpräsenz für Celluloid. 

Doch lassen wir Frau Engels einmal selbst erzählen, wie sie zur Puppe kam, bzw. was in ihr die Sehnsucht und Sammelleidenschaft nach Puppen und Spielzeug geweckt hat.

„Im Rheinland geboren, durch die Wirren der Kriegszeit mit 6 Jahren nach Österreich, mit 9 Jahren nach Thüringen, mit 11Jahren, bei Kriegsende, wieder zurück ins Rheinland. So nüchtern kann eine Kindheit klingen. Hinzufügen muss ich noch: 1983 nach Rothenburg o. d. Tauber.

Meine unbeschwerteste Zeit habe ich sicherlich in einem kleinen Dorf in Thüringen verbracht. Dort entstand auch das Kinderfoto, auf dem ich 9 ½ Jahre bin. Doch plötzlich lebten wir in der Frontlinie. Dort trafen sich Amerikaner, Engländer und Deutsche. Das Dorf wurde in Schutt und Asche gelegt, und all unser Hab und Gut verbrannte im Phosphorregen. Natürlich auch mein Puppenwagen und meine Puppe. Wir haben nur das nackte Leben retten können. 

Doch ich hatte Glück. Eine alte Dame schenkte mir eine kleine Porzellanpuppe. Sie war mein ein und alles.

Bevor die Russen nach Thüringen einmarschierten kamen meine Patentante und ihr Mann und holten uns zurück ins Rheinland. Auf der Flucht – zu Fuß – nahm mein Onkel mir die Puppe weg und warf sie ins Feld. Zum Spielen wäre keine Zeit und ich solle gefälligst auf meine kleinen Brüder achten. Es war ein einschneidendes negatives Erlebnis für mich. Zurück, die Puppe suchen, durfte ich nicht. Der Treck zog ja weiter. Die kleine Puppe sehe ich noch heute vor meinem geistigen Auge wegfliegen.

Das ist meine Kinderpuppengeschichte ...

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