Puppenstuben und Puppenhäuser
von Stefanie Ludwig

Seite 3-3

[ Seite 1 ] [ Seite 2 ] [ Seite 3 ]

Der Stoff aus dem die Puppenhaus-Träume sind

Seit 2006 ist die „Zaubervilla“ von Habermaaß nicht mehr im Programm – was viele Kindergärten, Eltern und kleine Bauherren bedauern werden. 

Aus den Fotos können Sie erkennen, wie wandelbar diese Villa mittels Stäben und abnehmbarer Stoffwände ist - vom Häuschen für Puppen ( wie in Abb. 13 ) zum dekorativem Wand-Puppen-Regal ( Abb. 14
 Als Wand‑Puppen‑Regal ‑ auch so kann ein Puppenhaus aussehen!
)
.

Also auch so kann ein Puppenhaus aussehen!


Abb. 13

Ausflug in die weite Welt – aber mit einem Dach über dem Kopf!

„Ein Dach über dem Kopf zu haben“ ist ein bildhafter Ausdruck für „ein Zuhause zu haben“, irgendwo „daheim zu sein“ - und das muss auch in der Puppenstubenwelt nicht unbedingt eine mitteleuropäische Gründerzeitvilla sein. 

Es kann auch - Überraschung, Überraschung! - eine Safari Lodge sein! Der 2005er Katalog von Walter Spielwaren (die Firma wurde 2006 in Teilen von nic übernommen) enthielt sie noch, ganz besonders liebevoll und detailreich in Thailand von Pintoy gefertigt, einschließlich Bäumen, Büschen, Jeep, Tieren und Rangern. Im Text hieß es dazu: „…komplett mit Einrichtung wie Holzmöbel, Schlafsack, Bett mit Moskitonetz und anderen Gerätschaften. Das Stoffdach der Lodge lässt sich öffnen und ermöglicht das Spiel von allen Seiten. Über eine Hängebrücke oder Strickleiter ist der Beobachtungsturm für die Wildtiere an der Wassertränke zu erreichen.“


Abb. 15

Pintoy verwendete Holz aus Gummibaumplantagen, ein Baumwollmischgewebe für die Blätter, Filz für die Büsche, ein Misch- gewebe für Schlafsack, Bett- und Bettzeug und für die textile (!) Wasserstelle. Mittels eines Klettverschlusses wurde den Tieren ein „Fell“ übergezogen. Durch Draht in Armen und Beinen waren die Püppchen beweglich.

„Safari Lodge“ – auch das konnte ein Puppenhaus sein! Packt Sie da nicht das Fernweh?

Ein Himmel auf Erden

Davon, dass man sogar im Himmel spielen kann, in einem Himmel im Karton, erzählt Marianne Hamm von Sahr, deren Mutter ihren Kindern aus einer Kiste und blauen Wattewolken einen Himmel gemacht hatte, „in dem winzige Wachsengel herumschwebten … Wir spielten mit diesem Himmel wie mit einem Puppenhaus; er hieß das Husch-Husch-Reich und war ein Nachfolger desselben Spielzeugs, das meine Mutter als Kind gehabt hatte.“ Es lebe die Phantasie und der Wille zur eigenen Gestaltung!

Das für mich denkwürdigste Puppenhaus, dem Himmel wahrhaftig sehr nah, sah ich im Tiroler Volkskunstmuseum
Das Tiroler Volkskunstmuseum in Innsbruck
in Innsbruck. 

Dieses detailreich und kunstvoll errichtete Gebäude aus dem 19.Jahrhundert weist zwar keine rechten Winkel auf, aber das mag mit dem Platz zusammenhängen, für den es gemacht wurde. Kleine Dachschindeln dicht an dicht, gemalte rote Mauersteine, weiß verfugt, Haus- und Zimmertüre, grün gestrichen und mit Kassetten, zwei Fenster, ein Bett mit schützendem Stoffhimmel, aufgehängt an der Wand ein Einkaufsnetz, auf einem Wandbrett Glaskaraffe und Trinkglas - kurz, ein mit Sorgfalt eingerichtetes Haus.

Dieses besondere Puppenhaus im Detail bewundern: Abb. anklicken

Bild vergrössern
Abb. 16

Die Bewohnerin, Gesicht und Hände wohl aus Wachs, scheint an einem Betstuhl zu knien. Ihre Aufmerksamkeit gilt der Hausecke rechts oben, wo Wolken und ein Engel zu sehen sind, gemalt auf einer dünnen Holzplatte oder einem Stück Pappe. Eine „Verkündigung“ haben wir vor uns! Die Jungfrau Maria ist das Püppchen, Erzengel Gabriel der geflügelte Bote.

Nun sind im Puppenstubenformat nachgebaute Klosterzellen nicht eben selten, gedacht entweder als Gabe an die zurückgelassene Familie oder als Unterhaltung für die junge Nonne selbst, aber eine Verkündigungsszene als religiöses Spielzeug oder dreidimensionales Andachtsbild - das ist wahrhaftig ungewöhnlich!

Zu den Fotos:
Abb. 13 und Abb. 14
„Zaubervilla“ aus Holz und Stoff von Habermaaß, Foto: HABA
Abb. 15
Spiellandschaft „Safari Lodge“ von Pintoy über Walter, Foto: Walter
Abb. 16
"Maria Verkündigung" - 2. Drittel 19. Jahrhundert - Bei dieser Darstellung wird die Verkündigung Mariens in ein bürgerliches Haus des 19. Jahrhunderts verlegt. Maria kniet am Betpult, über ihr schwebt der Erzengel Gabriel. Der Kopf der gekleideten Figur wurde aus Wachs geformt. Die Figur dürfte etwas älter sein, als die Chromolithographien, die den Verkündigungsengel, Gottvater und den hl. Geist zeigen. Das naturalistische Interieur des Hauses besteht aus Bett, Ofen, Tisch, Zinngeschirr und anderem Zubehör. Die Darstellungsform des Ofens könnte auf den Nonsberg / Val di non (Trentino) hindeuten. Jedoch wurde die Szene aus Innsbrucker Privatbesitz erworben. 
Foto: TIROLER VOLKSKUNSTMUSEUM in Innsbruck, www.tiroler-landesmuseen.at

Die Textpassagen von Marianne Hamm von Sahr wurden zitiert aus ihrem 1978 erschienen Buch „Von Deutschland nach Deutschland“, Verlag Weidlich, Frankfurt

Text und Fotos: Stefanie Ludwig

zurück Seite

E-Mail an Tortula: E-Mail an Tortula

... zurück zur Puppenkommode:zurück

©Tortula & gmuwebSign