Puppenschneiderei

von Stefanie Ludwig

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Abb.oben rechts: Puppenhaus-Schneiderin (Foto: Gabriele Müller)

Einkleidung eines ungeliebten Puppenkindes

Es muss Anfang der 70er Jahre gewesen sein, als mir eine Kindergärtnerin ihre Unzufriedenheit mit einer Babypuppe klagte: Hässlich geworden, altmodisch und überhaupt … und überhaupt wollten die Kinder nicht mehr mit ihr spielen. Was es für eine sei?

Ohhh, wohl eine „Schildkröt“. Ich bot eine ladenneue Baby- puppe im Tausch gegen die „alte“ an, und alle an diesem Wechsel Beteiligten waren zufrieden.

Nach einem Bad und einem Kuraufenthalt bei einer Puppen- doktorin suchte ich den ortsansässigen Spielwarenladen auf und bat die Inhaberin, den Nackedei zu bekleiden.

„Komplett?“ kam die verwunderte und (noch) etwas unfreund- liche Rückfrage. 

Ich nickte, worauf die Frau beschwingt davoneilte und mit einer vollständigen Ausstattung zurückkam. Es war unglaublich, wie ihr Gesicht sich verändert hatte und welch ein Leuchten in ihren Augen stand, als sie nun auch das Anziehen übernehmen „durfte“. Das Schildkröt-Baby trägt noch heute - unverändert - diese winterliche Ausfahr-Garnitur und erinnert mich daran, welche Freude es bedeuten kann, eine Puppe passend und hübsch einzukleiden.

An- und Ausziehen - „ja“ oder „besser nicht“?

Beim Neuerwerb einer Puppe stellt sich die Frage, ob man sie ausziehen soll, bzw. darf, wenn eine Reinigung notwendig ist oder man den Zustand von Rumpf und Gliedmaßen überprüfen möchte. 

Museen sind hier bei alten Puppen aus konservatorischen Rücksichten sehr zurückhaltend. 

Das gleiche gilt für Trachtenpuppen, bei denen die Bekleidung häufig wortwörtlich „auf den Leib“ geschneidert ist. Der Grund dafür ist einmal die Schwierigkeit der Näherei, zum andern der Preis, da festgenähte oder gar festgeklebte Kleidung einfach entschieden billiger ist als eine zum An- und Ausziehen gearbeitete. 

So kann man raten: einfache Souvenirpuppen lasse man so, wie sie sind, um keine Enttäuschung zu erleben. 

Das gilt ebenso für sorgfältig gearbeitete, detailreiche Trach- tenpuppen samt Schmuck, die nach einem Um- ziehen nie wieder so werden wie zuvor (siehe z. B. links, die 2007 in einem griechischen Museum erworbene Porzellan- puppe, eingekleidet und ausstaffiert als Mazedonierin).

Der Rat „besser nicht ausziehen“ gilt nicht für jene großen Trachtenpuppen, bei denen eine Spielpuppe von Fachleuten bekleidet wurde, die selbst noch Tracht tragen oder die sich auf diesem Gebiet gut auskennen. 

Als Beispiel sollen die Abbildungen einer großen mallorquini- schen Puppe von 2008 dienen: einmal bekleidet im Originalkarton und einmal mitten beim Umziehen
. Zu sehen sind Unterhose, schwarze Bluse, Rock, Schürze und Kopfschleier. 

Und wie steht es mit den Bewohnern von Puppenhäusern? Hier dürfte ebenso die Schwierigkeit, bzw. der Aufwand dafür sorgen, dass die kleinen Herrschaften so bleiben, wie sie sind. Eine rühmliche und bewundernswerte Ausnahme bildete Roswitha Kahl, die moderne und historische Miniaturgewän- der schuf, bei denen sogar die Nähte versäubert waren! Wie präzise sie arbeitete, zeigt das Staatskleid
aus hellblauer Seide mit Silberlamé-Spitze, aufgestickten Pünktchen und einer an den Cul de Paris erinnernden Schleppe. Das Modell stammt circa aus dem Jahr 1875 und wurde nach einem Vorbild aus Harper´s Bazaar genäht. 

Ein teilweiser Gewandwechsel (z.B. An- und Ausziehen von Jacken) war bei den Püppchen von Erna Meyer möglich (im Angebot bei Bodo Hennig).

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