Eine zündende Idee - Die Schwedenschachteln

Ein Bericht von Sigi Ulbrich

Teil 1 - Seite 3 von 3 

[ Seite 1 ] [ Seite 2 ] [ Seite 3 ]

Sehr interessant finde ich den direkten zeitlichen Vergleich der Bauernstuben.
   

Diese Schachteln („Zeitreise“) vergrößern: Bild anklicken

Sie sehen links oben eine Frohs Stube aus den 30er Jahren. Die Figuren sind sehr einfach gehalten und, wenn ich das mal so sagen darf, doch einigermaßen lieblos bemalt und eingeklebt. Sie wurden alle in Heimarbeit gefertigt. Das war eine stupide und sehr schlecht bezahlte Beschäftigung - doch überwiegend die einzige Erwerbs- quelle überhaupt. Je nach Schachtel Inhalt erhielt ein Heimarbeiter 35 - 100 Pfennig für das Duzend Schachteln.

In der Mitte sehen Sie die Stube aus der DDR-Zeit. Mit dieser kleinen Stube erweckte der Drechsler Erich Reichelt 1980 die Erzgebrgische Bauernstube mit Ofenbank zu neuem Leben. Der gelbe Aufkleber auf der Schiebeschachtel erinnert mit seiner Aufteilung an die H. E. Langer-Stuben. Rechts und links vom Wortlaut „in der Zündholzschachtel“ wurde das bekannte Logo
der Dregeno abgebildet. Diese wiederum ist eine Genossenschaft von heute ca. 140 Drechsler und Holzspielzeugmacher. Gegründet wurde sie 1919 als Gegenpol zu den Verlegern, die die kargen Verdienste der Drechslerfamilien um ein weiteres schmälerten. Während der DDR-Zeit übernahm sie den alleinigen Vertrieb der Erzgebirge Kunstwerke. 

Schauen Sie sich das Stübchen an, es ist zauberhaft gearbeitet und es war vor über 30 Jahren bereits sehr viel hübscher und akkurater in der Verarbeitung als die frühen Stuben. Die Figuren sind sehr schön ausgearbeitet und fein bemalt. Sie sind richtig nett anzusehen. Ich habe eine weitere
Bauerrnstube von Dregeno. Es weichen nur die Uhren voneinander ab. Neulich las ich in diesem Zusammenhang, dass in einer Bauernstube round about 2 Arbeitsstunden stecken und, zu DDR-Zeiten bekam ein Drechslermeister einen Stundenlohn von 1,46 Mark, seine mithelfende Ehefrau bekam „nur“ 1,27 Mark. Für meine erste Reichelt-Stube habe ich Anfang der 90er Jahre auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt 5 DM bezahlt. Für Material, 2 Arbeitsstunden, den Transport nach Hamburg und die Standgebühren auf dem Weihnachtsmarkt !!! 

Die Stube aus dem 21. Jahrhundert ist vom Seiffner Stübelmacher. Der wiederum entstammt der Drechslerfamilie Flath. Bei diesem Flath handelt es sich um den Drechsler und Holzspielzeugmacher Gunter Flath. Wie man deutlich sehen kann, trägt auch diese Schachtel das Logo der Dregeno, er hat sich also der Genossenschaft angeschlossen. Auf der linken Seite ist das Logo der Drechslerei - das kleine Stübchen. Schaut man sich die Flath Schachteln genau an, so erkennt man, dass alle Artikelnummern mit einer 29 beginnen. Die einfache Erklärung dafür ist, dass die Artikel von Gunter Flath bei der Drageno die 29 vorgestellt bekamen. Er läßt nun einfach seine Artikelnummern gleich mit der 29 beginnen. Die 29/1 auf dem Etikett der Bauernstube sagt aus, dass es der erste Artikel der Flathschen Drechselei ist. Auch von dieser Stube habe ich mehrere Schachteln und eine ist wie die andere – fehlerlos schön.

Beinahe schon 30 Jahre gibt es einen weiteren Stübelmacher. Gisbert Neuber heißt dieser Drechsler. Auf seiner Homepage kann man nachlesen, dass es diese Drechslerei seit dem 1. Juli 1986 gibt. Also schon zu DDR-Zeiten. Alle, die sich für diese kleinen Kunstwerke interessieren, stoßen irgendwann auf die Schiebe- schachteln mit dem gelben Aufkleber. Rechts oben oder rechts unten mit einem schlichten GN versehen. Sein Markenzeichen.

Wenn man wie ich die Kuhnstuben
so sehr liebt, stürzt man sich natürlich geradezu auf die Erzgebirgsstube von Neuber. Die süße blaue Wiege, der bemalte Bauernschrank... Auch die Bauernstube - sie zeigt eine gewissen Ähnlichkeit mit den Langer Stuben, aber eben absolut präzise und sauber in der Verarbeitung. 1996 kam die Hutzenstube auf den Markt. In dieser findet sich der Ofen mit Ofenbank und Katze, eine Frau sitzt an der Klöppelrolle, die Uhr, ein allerfeinster Regulator, aber am schönsten ist natürlich der kleine Deckenleuchter. 

In der Skihüte finden wir den Kamin aus der Erzgebirgsstube wieder. 1994 brachte Neubert die Malstube heraus. Zauberhaft, wie die Heimarbeiterin am Arbeitstisch steht und das Schaf(?) zum anmalen bereit macht. Unverkennbar der Ofen mit Ofenbank und Katze - wie in der Hutzenstube. Ausgestattet mit einer schönen Lampe und einer Kommode mit minikleinen Kugelbäumen. Man darf ja wirklich nicht vergessen, dass diese Kleinigkeiten in einer ganz normalen Zündholzschachtel untergebracht wurden. Und auch hier kann man sagen, eine wie die andere wunderschöne Kunstwerke und ganz sicher kein Kinderspielzeug.

Diese Schachteln von Gisbert Neuber vergrößern: Bild bitte anklicken

Wenn man sich aus Zündholzschachteln also ein kleines Haus mit vielen Zimmern zusammen stellt, dann darf eines nicht fehlen - ein anständiges Badezimmer. 

Susanne im Bade nennt Gisbert Neuber dieses Prachtsück von Badezimmer. 

Doch natürlich sind die Stuben nur ein wirklich kleiner Teil der erzgebirgischen Volkskunst in der Zündholzschachtel. Die große Vielfalt zeige ich in der Ausgabe 6/2016 der www.tortula.de. Schauen Sie also unbedingt wieder vorbei, wenn es im nächsten Monat wieder heißt:

Eine zündende Idee -  Die Schwedenschachteln Teil II

Seite

E-Mail an Tortula:

... zurück zur Puppenkommode zurück

© Tortula & gmuwebSign