Eine zündende Idee - Die Schwedenschachteln

Ein Bericht von Sigi Ulbrich

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Bereits 1905 hatte der Verleger Heinrich Emil Langer (1871 - 1949) die ersten Zeichen der Zeit erkannt. Er bestellte bei den Drechslern, kleine Spielzeuge. Wohl das erste Stück dieser Miniaturen war die gelbe Postkutsche (5 x 6 cm). Weitere Fahrzeuge in dieser Größe folgten. 

Bis er eines Tages die Holzschiebeschachteln, die Schachteln der Schwedenhölzer, als preiswertes Verpackungsmittel für sich entdeckte. 

Seit 1855 wurden diese Schiebeschachteln von den Brüdern Lundström für „Sicherheitszündhölzer“ produziert. Sie waren seit Beginn der 1870er Jahre auch in Deutschland als Schwedenhölzer bekannt. 

Langer bot damals bereits eine kleine (7 x 4 x 4 cm) Bauernstube
mit Ofenbank und Katze an. 

Sie war nicht viel größer als eine Zündholzschachtel (6 x 4 x 2 cm). Es war also nur ein kleiner Schritt und das Stübchen verschwand in der Schwedenschachtel

Die Erzgebirgische Bauernstube mit Ofenbank war geboren.
  

Er hatte Verpackung und Stubengehäuse zu gleich. Eine große Ersparnis. Ob er dabei wirklich - wie vielfach behauptet - schon an den aufkommenden Fremdenverkehr gedacht hat, lasse ich einmal im Raum stehen. 
Es gab kleinere Abweichungen bei der eingeklebten bedruckten papiernen Rückwand. Ein Bogenfenster oder ein rechteckiges, eine andere Landschaft dahinter. Mal steht Kaffeekanne und Kaffee- mühle auf dem Regal, mal sind es „nur“ Kruken in verschiedenen Größen. Hin und wieder ist es kein Bord, sondern ein Handtuch- halter mit einem Streifen Papier als Handtuch. Die Wanduhr ist aufgedruckt, vielfach aber zusätzlich noch aufgeklebt. Der Bauer sitzt am Tisch, vor sich eine hölzerne Brotzeit, die Bäuerin steht am Butterfass. Und eines haben sie alle, einen großen Kachelofen mit Ofenbank, auf der sich eine Katze den Rücken wärmt. 

Nein, meine eine Schachtel widerspricht nicht meiner Aussage, sie hat im Laufe der letzten 100 Jahre nur die Bank mit Katze eingebüßt. Wenn man genau hinschaut, so sieht man rechts am Ofen noch die Reste der Bank.

Nachahmer waren schnell zur Stelle, andere Manuakturen boten in kürzester Zeit ebenfalls die kleinen Bauernstuben an. Bauer am Tisch, Bäuerin mit Butterfaß und ... die Katze auf der Ofenbank. Obwohl ich mir bei der linken der beiden C. H. Frohs Stübchen nicht mehr sicher bin, ob es eine Bäuerin am Butterfaß oder vielleicht doch der Bauer am, ja, was macht er da. Es braucht schon ein wenig Fantasie um diese Figur zu entschlüsseln. 

Ausgesprochen lustig finde ich den „dicken“ Nagel, der bei der rechten Frohs-Stube das Uhrenperpendikel ersetzt. Wobei der Nagel natürlich gar nicht so dick ist, das sieht nur in der Vergrößerung so aus. Ob die Bäuerin von Anfang an dem Ofen zugewandt stand oder man sie, nach dem Verlust des Butterfasses, so herum (wieder) aufgeklebt hat, kann man heute natürlich nicht mehr sagen. Auch in einer weiteren Stube
von Frohs - mit Butterfaß - schaut sie den Ofen an. Immerhin hat dieser Bauer nicht nur Holzklötze als Brotzeit, sondern auch „Kartoffeln“ - dem damaligen Hauptnahrungs- mittel der Region. 

Diese Gruppe (mit dem dicken Nagel) vergrößern: Bild anklicken

Auf der Unterseite der Schiebeschachtel befindet sich ein Aufkleber
„Papierhandlung Eugen Hahn Berlin Friedrichstr 78“. Also, doch ein Sovennier aus den letzten Ferien? Wie auch immer, vor 100 Jahren ein Pfennig-Artikel, heute ein kulturhistorisches Kunstwerk.

Schon sehr bald wurde - auf Kundenwunsch - aus der Erzgebirgischen Bauernstube eine Bauernstube aus anderen Regionen. Schlesische Bauernstube, Riesengebirgsbauernstube, Schwarzwälder Bauernstube, Allgäuer Bauernstube oder Altdeutsche Bauernstube - diese bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein. An der Ausstattung hat sich durch den anderen Namen allerdings nicht geändert.
   

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