Von der Kunst des Loslassens

Ein Bericht mit Fotos von Stefanie Ludwig

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Loslassen

Nach Jahren des Sammelns, Lernens und Planens wurde das Hessische Puppenmuseum 1983 eröffnet. 1997 gab Gertrud Rosemann den Stab weiter: Martin Hoppe war nunmehr der „Herr der Puppen“, nachdem er schon zuvor ehrenamtlich mitgearbeitet hatte; 2005 folgte ihm Frau Dr. Maren Raetzer.
Was für ein Gefühl war es, sowohl Verantwortung als auch Recht auf eigene Entscheidungen ganz und gar abzugeben? Nicht mehr Herrin im eigenen Museums-Hause zu sein? Auf solche Fragen schweigt Frau Rosemann – und das ist gewiss die beste Art, mit diesem Thema umzugehen.
Für den Außenstehenden aber ist sichtbar: mag auch die ehemalige Chefin noch lange Zeit ehrenamtlich tätig gewesen sein, so ist es ihr doch gelungen, komplett „loszulassen“. „Ihr“ Museum war ein Erfolg, ihre Leistungen wurden und werden anerkannt, aber nun beginnt ein neues Kapitel in ihrem Leben. Und dieses neue Kapitel heißt: Japan!
Unter dem Titel „Völkerfreundschaft durch Spielzeug“ wurde 1989 in Tottori eine Ausstellung veranstaltet, zu der das Hessische Puppenmuseum 40 laufende Meter Vitrinen beisteuerte, bestückt mit historischem Spielzeug aus Europa. Sie wurde zu einem der Mosaiksteine auf dem Weg zur Städtepartnerschaft zwischen Hanau und dieser japanischen Stadt. 608.000 Besucher kamen damals - 

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und dieser eine Erfolg zeitigte viele weitere in den Folgejahren, das Netz der Beziehungen zwischen dem Hessischen Puppenmuseum und japanischen Museumsleuten und Kunsthandwerkern wurde immer enger und vielfältiger. Voller Elan widmete und widmet sich Gertrud Rosemann dieser neuen Welt, die sie auch häufig bereist. Ist es nötig zu sagen, dass sie natürlich auch Japanisch lernt?

Eine Frucht dieser Beschäftigung war die intensive Mithilfe bei der Sonderausstellung „Festbrauch und traditionelles Spielzeug aus Japan“ 2011 im Sonneberger Spielzeugmuseum, die Museumsleiterin Reinhild Schneider im Katalog so würdigte: „Im Namen des Deutschen Spielzeugmuseums ist Gertrud Rosemann herzlich Dank zu sagen für alle Zuwendungen, für alle geleistete Arbeit und für eine lange Phase freudvoller Zusammenarbeit.“

Zum Thema des „Loslassens“ gehört unbedingt auch die eigene, private Umgebung. 

Wie richtet man sich ein? Stehen in Glasschränken „Lieblingspuppen“ aus der Vergangenheit? Oder jüngst auf einer Auktion erworbene Puppen-Schätze? 

Nichts davon bei Rosemanns! Trotz der räumlichen Nähe zum Museum erinnert hier nichts (bis auf die Fachbücher) an das frühere Leben mit und für Spielzeug. Hier dominiert vor weißen Wänden japanisches Kunsthandwerk und zwar sehr sparsam, sehr zurückhaltend. 

Eine einzige Puppe, eine Kimekomi-Puppe gibt es hier, die ein aufgeschlagenes Buch vor sich hat und in der Rechten einen Pinsel hält.

Kimekomi-Puppe vergrößern:   Bild  anklicken

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Als ich von dem Interview-Termin zurückkehrte, zeigte ich „Tortula“ Sigi Ulbrich die Aufnahme, die Sie als erste auf der Startseite gesehen haben. „Das sind doch nicht die Augen einer Neunzigjährigen!“ war ihre spontane Reaktion. Recht hat sie! Das sind die Augen eines geistig wie körperlich vitalen, ganz besonderen Menschen. Das sind die Augen von Gertrud Rosemann.

Herzlichen Glückwunsch zum 90.Geburtstag!

Zu den Fotos:
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Frau Rosemann am Schreibtisch
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Frau Rosemann mit Kimekomi-Puppe (durch anklicken: Vergrößerung der
Kimekomi-Puppe)

Text und Fotos: Stefanie Ludwig

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