Schwibbogen - Lichterfreude aus dem Erzgebirge

von Stefanie Ludwig

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Teil 1 - Seite 1-2

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Abb. 01

Fachleute und in Sachsen ansässige Menschen benutzen sowohl die Pluralform „Schwibbogen“ als auch „Schwibbögen

Ich habe mich für die erste Form entschieden, aber Ihnen steht es natürlich frei, von „Bögen“ zu sprechen.

   

Sehnsucht nach Licht

Als die große Zeit des Bergbaus im Erzgebirge zu Ende ging, mussten die Menschen dort sich neue Erwerbs- quellen erschließen. Geblieben war ihnen das Geschick der Hände, die Freude am Konstruieren und Tüfteln, das Wissen um den Rohstoff Holz. 

Als neue Berufe entstanden u.a. Klöppeln
 (Abb. 02) und Spielzeugmachen und diese beiden gehören heute auch zu den Standardmotiven der Schwibbogen und natürlich auch, jeder für sich, zu dem Figurenrepertoire von Künstlern wie Werner/Seiffen

Zwei dieser Volkstypen sehen Sie links.

 

Abb. 03

   
Schwibbogen, Pyramide, Nußknacker

Groß ist die Zahl der durch die Zeiten aus wirtschaftlicher Not und Freude am Schaffen entstandenen erzgebirgischen Figuren, die vor allem in der Advents- und Weihnachtszeit ihren großen Auftritt haben: 
   

Pyramide, Räuchermännchen, Nußknacker, Engelberg, Kurrende, Engel und Bergmann, Striezelkinder, ja und natürlich auch der Schwibbogen. Manche dieser Figuren haben sich nicht nur bei uns, sondern sogar weltweit zu bekannten Größen gemausert. 

Doch wenn Sie ältere Bücher über das Erzgebirge, über Volkskunst und Kunsthandwerk aus Sachsen oder über Traditionen zum Weihnachtsfest durchblättern, wird er Ihnen kaum begegnen - es scheint fast, als gäbe es ihn überhaupt (noch) nicht. 

Abb. 04

Zwei Minuten Geschichte

Prof. Manfred Bachmann nennt in seinem Buch „Holzspielzeug aus dem Erzgebirge“ (Dresden 1984) als Entstehungszeit die erste Hälfte des 18.Jahrhunderts. Die Bezeichnung an sich ist allerdings wesentlich älter, sie meint einen Bogen ohne darü- ber lastendes Mauerwerk (Strebebogen), auch einen größeren, zwischen zwei Baukörpern gespannten, frei schwebenden Bogen (Quelle: Brockhaus). 

Es ist also ein Ausdruck aus der Architektur, speziell der gotischen, und damit aus der Kunstgeschichte.

   

Laut Bachmann war es der Bergschmied Johann Teller aus Johanngeorgenstadt (Westerzgebirge, dicht an der tschechischen Grenze), der „den ersten schmiedeeisernen Leuchter dieser Art“ fertigte. „Zu den ältesten überlieferten Zeugen zählen drei Schwibbogen, wovon zwei die Jahreszahl 1778 und den Namen des Bergschmiedes Teller tragen.“ Laut Wikipedia wurde 2003 unter einer jüngeren Farbschicht bei einem dieser drei die Jahreszahl 1740 entdeckt. Gegenwärtig spricht man im Dresdner Volkskunstmuseum von „um 1730“. 

Abb. 05

Hier ist nicht von hölzernen Schwibbogen, wie wir sie kennen, die Rede, sondern von solchen aus Metall und von einem Bergschmied, der die ersten schuf. Die Qualität seiner Arbeit trug entscheidend mit bei zu Erfolg oder Misserfolg der Arbeit unter Tage - und wenn er ein Geschenk bei der die Jahresarbeit abschließenden Mettenschicht übergab, so brachte man dem hohe Wertschätzung entgegen.

   

Die übliche Erklärung für die Schwibbogen-Herkunft ist die, dass die Bergleute bei dem Zusammensein am Nach- mittag des 24.12. (als „Mettenschicht“ bezeichnet, bei der weniger gearbeitet, sondern vor allem gut und viel geges- sen wurde) ihre Grubenlampen hufeisenförmig an die Wand hängten, also die Form des Stollenmundes nach- ahmten. War das Jahr ohne Unglück vorübergegangen, durften alle Lampen brennen – ist das nicht ein schöner Brauch? 

Abb. 06

Abb. 01
Stimmungsvoller Schwibbogen (Holz) aus privater Sammlung.
Abb. 02
Klöppeln: 8 cm Edi-Puppe am belgischen Klöppeltisch, erzgebirgische Klöppelrolle in 1 : 10, Manufaktur unbekannt, geklöppelte Schildkröte von Martina Mahler. Zusammenstellung von Sigi Ulbrich.
Abb. 03
Erzgebirgische Volkstypen wie sie manchen Schwibbogen zieren aus der Künstlerwerkstatt Werner/Seiffen.

Abb. 04

Gelaserter Bogen mit Winterlandschaft, fotografiert 2012 auf dem Dresdner Striezelmarkt.

Abb. 05

12,5cm langer Bogen aus Zinn, bemalt, wohl Erzgebirge, Ende des 19., Anfang des 20.Jahrhunderts, Museum für Sächsische Volkskunst.

Abb. 06

58,5cm langer Bogen aus Metall, gestanzt, lackiert, vermutlich Seiffen, 2.Hälfte des 20.Jahrhunderts, Museum für Sächsische Volkskunst.

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