Wovon ich noch erzählen wollte ...

13.04.2020 -
Teppiche - groß und klein - 
bringen in die Stube Gemütlichkeit rein

Ich verbringe jetzt viel Zeit auf dem Balkon. Frische Luft tut gut. Natürlich nicht nur während des schrecklichen „social distancing“. Ich vertreibe mir die Zeit damit, dass ich wieder einen Teppich für meine neueste Puppenstube fertige. Vielleicht würden Sie gern mehr davon hören. 

Ich hoffe, es wird niemand denken, dass ich mit meinen Stuben angeben will. Aber eigentlich ja, ... ein wenig möchte ich doch angeben.

Vor vielen Jahren musste ich mich einer Fuß-Operation unterziehen. Meine Chirurgin machte mich vorher darauf aufmerksam, dass ich ca. ein halbes Jahr meinen Fuß nicht belasten dürfte. Ich wäre zwar nicht bettlägerig, aber ich dürfte nicht gehen und nicht stehen. Diese Zeit wollte ich sinnvoll nutzen. Nähen kann ich nicht, doch ich stricke und häkel gern. Aber was sollte ich in dieser langen Zeit machen?

Mein Blick fiel in die Bauernstube aus meiner Kindheit - die Puppenmädchen sind 12 cm Edi-Puppen. Natürlich liebe ich diese Stube. Doch ich musste zugeben, es könnte etwas mehr „Wärme“ hinein. Ja, ich wollte einen Teppich dafür häkeln. In warmen Farben, aber bunt - eben Country like - oder das, was Lieschen Müller dafür hält.

   

Von früheren Stickarbeiten hatte ich eine ganze Kiste mit Resten von Perlgarn. Dieses Garn erschien mir ideal, leicht zu verarbeiten, farbenfroh und nicht so dick.

Wenn Sie die beiden Fotos vergleichen, werden Sie bestimmt zustimmen, dass die kleine Stube durch den Teppich sehr viel schöner, ja gemütlicher aussieht.

Ein halbes Jahr ist eine lange Zeit. Der Teppich war schnell fertig, die Arbeit hatte mir Spaß gemacht, die Wirkung in der Stube hatte mich absolut überzeugt und meine Schachtel mit Perlgarn war noch voll. 

Ich gebe es zu, ich stieg in die Massenproduktion von Teppichen ein.
Ich habe eine große Doppelstube aus den 60er Jahren von Dora Kuhn - Bewohner: 16 und 8 cm Edi-Puppen. Kuhn nennt diese Größe „Größe II“ In die „Gute Stube“ kam ein runder Teppich unter den Tisch.

Nun, wenn in der „Guten Stube“ ein Teppich liegt, so durfte die Schlafstube natürlich nicht dahinter zurückstehen.

In einem Bücherregal habe ich ein „Kuhn-Wartezimmer“ eingerichtet. Dort stelle ich vorübergehend die Möbel auf, die ich in Konvoluten gekauft und für die ich im Augenblick keine Verwendung habe. Bewohner: 12 und 4 cm Edi-Puppen.

Auch in die Wohnstube des großen Kuhn-Hauses kam ein Teppich - passend zu den roten Möbel mit viel rot.

So ein schönes großes 70er Jahre Haus bietet natürlich noch viel mehr Möglichkeiten als nur das Wohnzimmer. Die Wohnküche hat einen Teppich erhalten, im Schlafzimmer liegen rechts und links der Betten Teppiche. Natürlich gibt es einen Badezimmerteppich und auch die Bewohnerin des Obergeschosses hat zwei Teppiche. In diesem Haus wohnen drei 14 cm Caco-Puppen.

Eine meiner Lieblingsstuben ist die Bauernstube, die mein Schwiegervater 1942 für seine Tochter baute. Ich erhielt sie 2010 von meiner Schwägerin als Weihnachtsgeschenk. Die hier nachgestellte Familie Ulbrich sind Edi-Puppen in 12, 8 und 4 cm.

Da in der Schachtel mit den Puppenmöbeln ein paar Fissen Sticktwist lagen, habe ich natürlich dieses Garn für die Teppiche genommen. Es lies sich sehr gut teilen und dadurch wurden die Teppiche etwas feiner.

Ein Bauernmöbel-Produzent der mir besonders am Herzen liegt, ist HWE - Oberbayern - Holzverarbeitung Wiebel. Bewohner: 16, 12 und 8 cm Edi-Puppen. Ich liebe diese geraden Möbel ohne Schnörkel, aber dafür mit wunderschöner und vielseitiger Bemalung. Auch hier liegt ein aus Perlgarn gehäkelter Teppich.

Meine Kuhn-Stube in der Kuhn Größe I, also ca. in 1:10 - Bewohner: 12 und 4 cm Edi-Puppen - bekam irgendwann eine kleine Schwester. Ich gehe davon aus, dass die Ministuben - Bewohner: 4 cm Edi-Puppen - von Kuhn in 1:25 sind. Jedenfalls in etwa. Genau kann ich es nicht sagen - Kuhn ist da mit den Angaben nicht so eindeutig. Sie nennen diese Größe einfach „00“.

Ich liebe es, wenn ich gleiche Stuben aus einer Ära (in diesem Fall sind es die 40er Jahre) in unterschiedlichen Größen habe. Dann setze ich alles dran, um sie identisch einzurichten. Diese Ministube sollte also auch einen Teppich bekommen. Doch Perlgarn war viel zu dick. Ich kaufte dafür Knopflochgarn. Viel dünner als Perlgarn und doch noch leicht zu verarbeiten. Der passende Teppich daraus wurde gehäkelt.

Für die nächste Ministube wurde ich mutig und entschloss mich Nähgarn zu nehmen. Das ist nur wirklich die schönste Lösung für diese kleinen Stuben - Bewohner: 4 cm Edi-Puppen. Die Stube ist ebenfalls aus den 40er Jahren. Schauen Sie noch einmal auf die warme Wirkung, die ein Teppich dem kleinen Raum schenkt.

Für die kleine Winkelstube von 1949 habe ich etwas Neues ausprobiert. Ich nahm Stopfgarn für den Teppich. Eine mühevolle Arbeit, weil das nicht zum Häkeln gedacht ist. Aber als der Teppich fertig war, sah es toll aus. Bewohner 4 cm Edi-Puppen.

Die Möbel in der Stube oben sind etwas größer als die kleinen Möbel von Kuhn. Der Maßstab ist vielleicht 1:20 - doch auch das ist nur geschätzt. Den Hersteller konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen. Bewohner: 5,5 cm Hartplastikpuppen mit „sagenumwobener“ Herkunft. Die Teppiche dort habe ich ebenfalls aus Stopfgarn gehäkelt.

 


Foto: Sherri Farley

Eines Tages schickte mir meine Freundin Sherri ein Foto ihrer Hitty-Stube. Der Teppich war für mich höchst interessant. Sie hatte sich Bänder genäht, diese wie Schrägband gefaltet - in Amerika gibt es dafür kleine Falthilfen - selbst für so schmale Bänder. Sie hat jeweils drei lange Bänder gemacht, diese dann geflochten und anschließend rund zusammen genäht.
Hier kommt ein Link, dort kann man eine Arbeitsanleitung nachlesen:

 

Als ich ihr schrieb, wie toll ich Hittys Teppich finde, sagte sie spontan, dass sie mir einen für meine große rote Kuhn-Stube aus den 30er Jahren machen würde. Bewohnerin: 20 cm Edi-Puppe. Was habe ich für Glück solche Freundin zu haben.

Da ich wusste, dass Sherri an dem großen Teppich sehr lange gearbeitet hatte und die Sache mit den Bändern nicht von mir bewältigt werden konnte, überlege ich mir eine Alternative für einen Teppich für die blaue Kuhn-Stube - Größe I - aus den 30er Jahren - Bewohner: 12 cm Edi-Puppen. Aus drei relativ dicken Wollknäueln habe ich einen langen Zopf geflochten und diesen zusammen genäht. Ein Ergebnis, dass sich sehen lassen kann. Aber es war auch viel Arbeit.

Mehr oder weniger zeitgleich erhielt ich von einer Freundin einen kleinen runden Teppich. Er war aus Zeichenband. Sie wissen sicherlich, dass die Buchbinder die farbigen Bänder, die in guten Büchern als Lesezeichen eingearbeitet sind, so nennen. Mein kleiner Teppich fand sofort eine passende Stube. Die kleine Flitterwochen-Stube aus den 30er Jahren - von der Größe ungefähr so wie die Kuhn-Stuben in 00 - ich schreibe sie Julius Dorst zu - aber genau weiß ich es - noch - nicht. Bewohner Hochzeitspaar, 5 cm Ganzbiskuit Puppen von Carl Horn.

Mein kleines Haus - zum Aufhängen an einer Wand - ist das letzte Geburtstagsgeschenk meiner viel zu früh gestorbenen Freundin. Sie verstehen sicher, dass es daher für mich etwas ganz Besonderes ist. Die Einrichtung besteht aus roten und blauen Kuhn-Möbeln der Größe 00 aus den 40er Jahren. Bewohner: 4 cm Edi-Puppen. Etwas Besonderes muss natürlich auch besondere Teppiche bekommen.

Ich habe aus dem oben schon erwähnten Perlgarn einen langen Zopf geflochten und den habe ich dann zu dem ovalen Teppich zusammen genäht. Den Teppich links für das Erdgeschoss habe ich aus Punchgarn gehäkelt. Das Garn ist noch ein wenig feiner als Stopfgarn und lässt sich noch schlechter verarbeiten. Es reißt schnell. 

Es ist schwierig wirklich dünnes Garn zu finden, was farblich zu meinen Vorstellungen passt. Diese kleine „Gute Stube“ von Kuhn aus den 30er Jahren in der Größe 00 sollte natürlich auch einen Teppich bekommen. Bewohner: 5 cm Ganzbiskuit Puppen von Carl Horn und Hertwig. 
Ich hatte einmal gehört, dass man Mikrofasergarn sehr gut teilen kann, und habe es ausprobiert. Ja, es klappte hervorragend. Das Garn lies sich problemlos teilen und der dünne Faden sehr gut verarbeiten.

Für meine Kuhn-Stube in der Größe 0 - aus den 30er Jahren - bekam ich einen gewebten Teppich aus den USA. Bewohner: 8 cm Edi-Puppen.
Dieser Teppich inspirierte mich, einmal selbst zu weben. Der Webrahmen aus meiner Kindheit war irgendwie nicht geeignet. Er war viel zu grob. Gedacht für eine Kindertasche oder ähnlich.

Als ich meiner Freundin Angelika Tauche-Eller davon erzählte, sagte sie spontan - nimm doch eine Pappschachtel. Ja, und das machte ich. Ich suchte eine kleine stabile Schachtel und schnitt sie an den Schmalseiten ein - so gleichmäßig, wie ich es eben kann. Vielleicht sollte ich gestehen, dass ich vorher noch nie gewebt habe. Ich probierte einfach ein wenig herum. Als Grundgarn nahm ich Spitzengarn und als Webgarn wieder mein Perlgarn. Das war aber ein Fehler. Mit dem Punchgarn oder der Stopfwolle wäre ich besser beraten gewesen. Es filzt sich besser zusammen. Trotzdem bin ich recht zufrieden. Der Teppich ist sehr fein und kann dementsprechend jede kleine Stube zieren. Einen festen Platz hat er noch nicht.


Foto: Sherri Farley

Aus Missouri erhielt ich die Fotos von Sherri, die mit viel Sorgfalt und noch mehr Geduld einen runden Teppich für ihre Küche im „Triple Decker“ in Knotentechnik stickte. Ich beneide sie um diese wunderschöne Puppenstube - aus Platzmangel nach oben - drei Stuben übereinander - die ihr Mann für sie gebaut hat. Aber noch mehr bewundere ihre Arbeit. Sherri hat mir einen Link geschickt, wo man die Vorlagen, samt Material online kaufen kann. Wer also ein geduldiger Mensch ist, hier ist ein Link. Man kann alles was nötig ist für solche tollen Arbeiten kaufen.

Ich habe vor vielen Jahren einmal einen Gobelin-Teppich aus einem Faden gestickt. Er war für das Kinderzimmer im DelPrado Sammelpuppenhaus. Damals waren meine Augen noch schärfer und die Hände beweglicher. Trotzdem habe ich gefühlte 10 Jahre daran gearbeitet. 

Das Gehäuse für diese Möbel von Kuhn aus den 30er Jahren in der Größe 00 - Bewohner: 4 cm Edi-Puppen - hat mir Steve gebaut. Steve ist der Mann meiner Freundin Sherri. Sie hat es zauberhaft bemalt. Als ich dafür einen Teppich machen wollte, entdeckte ich dieses Garn. Die warmen Farben haben mich gleich gefangen genommen. Einfach ideal zu den roten Möbeln. Einziger Nachteil, es war zu dick um damit für die kleine Stube einen Teppich zu häkeln. Da kam mir die Idee. Ich häkelte eine lange Kette Luftmaschen. Luftmaschen gehen natürlich sehr viel schneller als das Zöpfe flechten. Das Ergebnis ist aber ähnlich. Ich nähte die Kette zu einem runden Teppich. Das war wirklich ideal und ich fabrizierte auch gleich einen Bettvorleger und einen kleinen runden Teppich, den ich vor die Eckbank legte. 

Das Garn gab es auch in anderen Farben - aber genau so warm in den Tönen. Keine Frage, es wurde mein Lieblingsgarn. Die kombinierte Wohn-Schlafstube von Kuhn aus den 30er Jahren ist in der Größe 00. Bewohner: 5,5 cm Hartplastikpuppen mit "sagenumwobener" Herkunft. Wie schon bei der roten Schwesterstube habe ich sie mit drei Teppichen ausgestattet.

Das Frühjahr 2020 wird sicherlich niemand mehr vergessen. Noch unsere Kinder und Enkelkinder werden sich daran erinnern. Das war die Zeit
- in der die Welt stehen blieb
- in der die Menschen den Atem anhielten
- in der wir „Alten“ nicht auf die Straße und Einkaufen durften
- in der die Schulen und Kindergärten geschlossen waren
- in der die Kinder bereits am Vormittag vor dem Fernseher sitzen durften.
- in der niemand versucht hat die Kinder vom Computer loszueisen.
- in der niemand zu den Kindern sagte: 
Komm, geh’ raus und spiele mit deinen Freunden.
Es war die Zeit, in der ich stundenlang auf dem Balkon saß - mit dicker Jacke und mit Decke auf den Knien - und Teppiche fabrizierte. 

Aus drei Garnresten machte ich jeweils 4 Meter lange Ketten mit Luftmaschen. Diese drei Ketten habe ich zu einem dicken Zopf geflochten und den zu einem ovalen Teppich genäht. Eigentlich ganz simpel. Aber eine schöne Beschäftigung in diesen schwierigen Zeiten.

Ich hatte immer noch die Möbel der großen Luthardt Schlafstube in einer Kiste liegen. In Zeiten der Isolation sollte sie nun ein Gehäuse erhalten. Das Holz hatte ich zum Glück schon im Februar gekauft. Aber, bevor ich das Gehäuse baute, wollte ich einen Bettvorleger machen. Bewohnerin: 19 cm Schildkröt Bärbel aus den 30er Jahren.
Ich konnte ja nicht loslaufen, um das passende Garn zu kaufen. Also griff ich auf das zurück, was in meiner Restekiste lag.

Nach mehr als 20 Stuben und noch viel mehr Teppichen zeige ich Ihnen endlich den ganz oben erwähnten Teppich von dem ich hoffe, dass Sie liebe Leserin, liebe Leser gern mehr über meine Teppiche hören und sehen wollten. Ich hoffe doch, dass ich mich nicht getäuscht habe.

Text: Sigi Ulbrich - www.tortula.de
Fotos: GMUwebSign

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